Jährlich sind es ca. 27,8\% aller Bürger Deutschlands – mehr als jeder vierte Erwachsene – die die festgelegten Diagnosekriterien für mindestens eine psychische Erkrankung erfüllen. Dies ist der Tenor einiger epidemiologischer Feldstudien, die die Verbreitung psychischer Krankheiten in der deutschen Bevölkerung anhand einer umfangreichen Stichprobe, die die Gesellschaft in signifikanten Merkmalen abbildet, untersuchen. Dabei bedeuten psychologische Krankheiten, etwa Angststörungen oder gar Depressionen, nicht nur lediglich negative Folgeerscheinungen für den individuellen Betroffenen, sondern auch für die Gesellschaft. In diesem Kontext sind vor allem die indirekten Kosten (volkswirtschaftliche Kosten), die sich aus Sicht der Gesundheitsökonomie durch Produktivitätsausfälle und anderen monetären Aufwendungen aufbauen, relevant. So erreichen beispielsweise die Tage der Arbeitsunfähigkeit im Jahr 2022 neue Höchstwerte. Fehlzeiten werden hauptsächlich durch sechs Krankheitsarten dominiert, wobei psychische Erkrankungen ca. 10,3\% ausmachen.
Auffällig dahingehend ist es, dass psychische Erkrankungen mit durchschnittlich 29,6 AU-Tagen je Fall eklatant längere Ausfallzeiten aufweisen, als beispielsweise Atemwegserkrankungen mit durchschnittlich 7,1 Arbeitsunfähigkeits-Tagen.
Blickt man auf die erhobenen Daten von Renten- und Krankenkassen, so fallt vor allem auf, dass die Zahlen der neuen Diagnosen und Behandlungen von psychischen Krankheiten in den letzten zwanzig Jahren – und insbesondere innerhalb der letzten Jahre durch die Corona-Pandemie – stark gestiegen sind. Dem steigenden Bedarf psychotherapeutischer bzw. psychiatrischer Behandlung steht ein defizitäres Behandlungsangebot gegenüber. Psychisch erkrankte Menschen müssen aktuell mit einer Wartezeit zwischen drei bis sechs Monaten rechnen, bis sie einen Behandlungsplatz bei einem ambulanten Psychotherapeuten erhalten.
Aus diesem Grund fordert die FDP Unterfranken:
- Eine Erhöhung der Anzahl an Kassensitzen für Psychotherapeuten sowie Kinder- und Jugendpsychotherapeuten ist durch die KV und Regierung zu schaffen. Um der weiterhin immer steigende Nachfrage von betroffenen psychisch erkrankten Menschen adäquat begegnen zu können, muss das Angebot an Kassensitzen entsprechend an die relativen Steigerungsraten neuer Diagnosen für psychische Störungen bzw. Krankheiten ausgeweitet und angepasst werden.
- Die Einführung monetärer Anreize für die Aufnahme von gesetzlich versicherten Patienten. Dies ist insbesondere deshalb notwendig, da Psychotherapeuten mit Kassensitz die Möglichkeit eingeräumt bekommen, sowohl gesetzlich, als auch privat Versicherte zu behandeln. Im Rahmen empirischer Studien wurde bereits nachgewiesen, dass der sozioökonomische Status, der u. a. durch die Höhe des Einkommens bestimmt wird, mit dem Risiko einer psychischen Erkrankung korreliert werden kann. Je niedriger der soziale Status, desto höher die Wahrscheinlichkeit für erfüllte Symptome einer psychischen Erkrankung. Um sicherzustellen, dass auch diese Menschen einen verbesserten Zugang zu einer therapeutischen Leistung erhalten, sollen bewusste Anreize für jede Neuaufnahme eines gesetzlich Versicherten ausgezahlt werden.
- Außerdem fordern wir eine umfangreiche Evaluierung der Indikatoren, die zur Ermittlung der Anzahl der Kassensitze verwendet werden. Dies ist aufgrund des signifikant gestiegenen Behandlungsbedarfs sowie eines gestiegenen Bewusstseins für mentale Gesundheit notwendig.